Sonntagsschutz: Kolping schreibt Brief an Landtagsabgeordnete
Foto: ©Focke Strangmann / Niedersächsischer Landtag
Hannover/Hildesheim. Offenbar beschäftigt sich die Landesregierung in Kürze wieder mit gesetzlichen Regelungen zu Ladenöffnungszeiten und somit auch mit verkaufsoffenen Sonntagen, beziehungsweise mit deren gesetzlicher Regelung. Das Kolpingwerk Diözesanverband Hildesheim ist Mitglied der Landesallianz für den freien Sonntag in Niedersachsen. Dies ist ein breites gesellschaftliches Bündnis aus kirchlichen und sozial engagierten Verbänden, dem Landessportbund und der Gewerkschaft ver.di. Dabei stehen die Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Mittelpunkt, doch vor allem ist uns als katholischer Sozialverband der Sonntagsschutz als Gewährleistung für das Sonntagsgebot (Katechismus der Katholischen Kirche KKK 2180) wichtig. Daher haben wir dieser Tage, in Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Landesallianz für den freien Sonntag in Niedersachsen, folgenden Brief an die Landtagsabgeordneten versandt:
Novellierung des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten
Sehr geehrte Abgeordnete des Niedersächsischen Landtags,
wir begrüßen, dass die große Koalition die Neuregelung des Niedersächsischen Ladenöffnungs- und Verkaufszeitengesetzes (NLöffVZG) in den Koalitionsvertrag aufgenommen hat und einen neuen Entwurf des Gesetzes vorbereitet, da der aktuelle Gesetzestext weder verfassungskonform noch rechtssicher ist.
Das Kolpingwerk Diözesanverband Hildesheim ist Mitglied der Landesallianz für den freien Sonntag in Niedersachen und setzt sich gemeinsam seit Jahren für die Stärkung des Sonntags und der damit verbundenen Sonntagsruhe ein. Durch die Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist der Sonntag für viele Familien der einzige Tag der Woche, an dem sie gleichzeitig freihaben. Die ständige Erreichbarkeit im Rahmen der Arbeitswelt 4.0 kann zu großen Belastungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern führen. Wir wollen die fortschreitende Zerrissenheit unserer Gesellschaft verhindern, indem der Sonntag als Tag der Gemeinschaft, der Familie, des Glaubens und des Ehrenamts gestärkt wird. Daher werden wir eine weitere Aushöhlung der Sonntagsruhe zugunsten der ökonomischen Wünsche des Einzelhandels nicht hinnehmen.
„Der Sonntag ist ein Tag, der das Herz des christlichen Lebens bildet“. So hat es der heilige Papst Johannes Paul II. in seinem apostolischen Schreiben „Dies Domini“ (1998) ausgedrückt. Der Sonntag ist der Kernfeiertag der Christen, an dem die Auferstehung Jesu Christi gefeiert wird. Dazu gehört Gottesdienstteilnahme und Arbeitsruhe. Diese Rücksichtnahme erwarten wir von der Landesregierung im Rahmen des doch sonst sehr guten Zusammenwirkens von Staat und Religion.
Das Bundesverfassungsgericht hat deutliche Grenzen für die Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen gesetzt (AZ 1 BvR 2857/07 vom 01.12.2009). Zudem ist zu beobachten, dass von den Verwaltungsgerichten viele genehmigte Sonntagsöffnungen untersagt werden, da die Anlassbezogenheit nur unter bestimmten Voraussetzungen vorliegt.
Daher ist es uns wichtig, dass das neue Gesetz verfassungskonform gestaltet wird und die im Grundgesetz verankerte besondere Stellung des Sonntags als Tag der Familie, der Erholung, der Arbeitsruhe, des Glaubens sowie der ehrenamtlichen und sportlichen Betätigung unterstreicht.
Ebenso gewichtig erscheint uns die Rechtsicherheit einer neuen gesetzlichen Regelung. In dem jetzigen unsicheren Rechtsraum profitieren diejenigen, die sich bewusst gegen die aktuelle Rechtsprechung stellen. Die Einschätzung mancher Kommunen und Handelsverbände, die die verkaufsoffenen Sonntage als einziges Mittel ansehen, den Einzelhandel zu stärken, ist kurzsichtig. Auch die Allianz setzt sich für belebte Fußgängerzonen und Ortskerne ein. Dies darf aber nicht auf Kosten des arbeitsfreien Sonntags geschehen. Die Chancen des Einzelhandels gegenüber dem Onlinehandel liegen in der Beratungskompetenz der Verkäufer, dem Flair des Ladengeschäftes und einem guten Einkaufserlebnis, das schon heute gesetzlich an allen Werktagen von 0-24 Uhr möglich ist.
Wir brauchen ein verfassungskonformes rechtsicheres NLöffVZG, welches von den kommunalen Verwaltungen korrekt angewendet werden kann.
Konkret bedeutet das, dass neben der Beibehaltung von maximal vier Sonntagsöffnungen pro politischer Gemeinde auch die Aufnahme der Anlassbezogenheit entsprechend des Urteils des Bundesverfassungsgerichts – wie oben beschrieben und durch das Bundesverwaltungsgericht aufgegriffen (BVerwG 8 CN 2.14 vom 11.11.2015) – notwendig ist. Die benötigte Zustimmung zur Sonntagsöffnung durch die zuständige Behörde ist in eine „Kann“-Bestimmung zu ändern und das Anhörungsrecht der betroffenen Verbände, wie im früheren Bundesgesetz festgeschrieben, ist mitaufzunehmen.
Wir bitten Sie, sich in Ihrer Partei und in den Ausschüssen für den freien Sonntag und gegen eine Erweiterung von sogenannten verkaufsoffenen Sonntagen auszusprechen und unsere Anforderungen an ein rechtssicheres Gesetz zu unterstützen.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit den besten Grüßen
Mirco Weiß
Diözesansekretär
Hildesheim, den 10. Juli 2018